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Urteil Obergericht (LU)

Zusammenfassung des Urteils 11 07 101: Obergericht

Die Cour de Cassation pénale hat am 22. Februar 2010 über einen Rekurs von J.________ gegen ein Urteil des Strafgerichts des Bezirks Lausanne verhandelt. J.________ wurde wegen sexueller Handlungen an Kindern zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, von denen 15 Monate unbedingt sind. Zudem wurde er zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt und muss die Gerichtskosten tragen. Das Gericht berücksichtigte verschiedene Faktoren bei der Urteilsfindung, darunter das Verhalten des Angeklagten und die Glaubwürdigkeit des Opfers. Der Richter war M. Creux, und die Gerichtskosten betrugen 28'182 CHF. Die verliernde Partei war männlich.

Urteilsdetails des Kantongerichts 11 07 101

Kanton:LU
Fallnummer:11 07 101
Instanz:Obergericht
Abteilung:I. Kammer
Obergericht Entscheid 11 07 101 vom 30.11.2007 (LU)
Datum:30.11.2007
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 329 ff. OR. Abgeltung von Ferientagen während der Freistellungsdauer des Arbeitnehmers.
Schlagwörter : Arbeit; Ferien; Freistellung; Arbeitnehmer; Kündigung; Arbeitgeber; Ferientage; Abgeltung; Kündigungsfrist; Stellensuche; Freistellungsdauer; Streiff/von; Kaenel; Arbeitsverhältnis; Freistellungstage; Arbeitnehmers; Abgeltungsverbot; Arbeitssuche; Recht; Beklagten; Arbeitsverhältnisses; Einzelfall; Berücksichtigung; Umstände; Lehre
Rechtsnorm:Art. 329 OR ;Art. 329c OR ;Art. 329d OR ;
Referenz BGE:106 II 152; 128 III 280; 128 III 281; 128 III 283;
Kommentar:
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Entscheid des Kantongerichts 11 07 101

Art. 329 ff. OR. Abgeltung von Ferientagen während der Freistellungsdauer des Arbeitnehmers.



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Die Arbeitgeberin (Beklagte) kündigte dem Arbeitnehmer (Kläger) und stellte ihn sofort frei, verlangte aber, dass bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die nicht bezogenen Ferien und Überstunden einzuziehen seien.



Aus den Erwägungen:

3.3.1. Entgegen der Behauptung der Beklagten hat nach Art. 329 Abs. 3 OR der Arbeitgeber auch bei einer normalen Kündigung dem Arbeitnehmer die Zeit für die Stellensuche ohne Lohnabzug frei zu geben. Wie viel Zeit dem Arbeitnehmer wann frei zu geben ist, bestimmt grundsätzlich der Arbeitgeber nach den Umständen (Dauer der Kündigungsfrist, Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt), wobei im Streitfall der Richter nach Treu und Glauben zu entscheiden hat (Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. Aufl., Zürich 2006, N 10 zu Art. 329 OR).



3.3.2. Nach Art. 329d Abs. 2 OR dürfen Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geld abgegolten werden, sondern sind tatsächlich zu beziehen. Da nach der Kündigung das Arbeitsverhältnis noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht, gilt grundsätzlich auch in dieser Zeit das Abgeltungsverbot. Es ist indessen im Einzelfall in Berücksichtigung der konkreten Umstände einzuschränken. So sind die Ferien nach Lehre und Rechtsprechung in Geld abzugelten, wenn deren Bezug in der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbleibenden Zeit nicht möglich zumutbar ist (BGE 106 II 152; BGE 128 III 280 E. 4; Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 11 zu Art. 329c OR; Staehelin/Vischer, Zürcher Komm., N 16 zu Art. 329d OR; Brühwiler, Komm. zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., Bern 1996, N 4 zu Art. 329d OR und N 5b zu Art. 329c OR). Dabei spielt eine Rolle, ob der Arbeitnehmer in dieser Zeit eine neue Stelle suchen muss (Art. 329 Abs. 3 OR). Diesem Anspruch des Arbeitnehmers kommt Vorrang gegenüber dem Ferienbezug zu (vgl. Alfred Blesi, Die Freistellung des Arbeitnehmers, Diss. Zürich 2000, S. 184). Insoweit wird das Abgeltungsverbot eingeschränkt (BGE 128 III 281 E. 4a).



Auch in der Zeit der Freistellung, in der das Arbeitsverhältnis ebenfalls bis zum Kündigungszeitpunkt dauert, steht das Abgeltungsverbot im Vordergrund. Demnach hat der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer Ferien zu geben und der Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht die Interessen des Arbeitgebers insoweit wahrzunehmen, als er die ihm zustehenden Ferientage nach Möglichkeit bezieht, ohne dass eine ausdrückliche Weisung des Arbeitgebers nötig ist. Die Arbeitssuche hat aber auch hier Vorrang und kann den Ferienbezug einschränken. Denn der Arbeitnehmer ist nicht gehalten, die Ferien dort zu verbringen, wo er auf Stellensuche gehen kann (Hans-Peter Egli, Strittige Fragen zum Thema "Ferien", in Tagungsdokumentation der Universität St. Gallen zum Thema Aktuelle Fragen des Arbeitsrechts, 27.9.2005, S. 32).



In zeitlicher Hinsicht lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen machen, wie viele Tage für die Arbeitssuche einzusetzen sind und demnach als Ferientage zu entschädigen wären. In der Lehre und Rechtsprechung findet sich die allgemein gehaltene Formulierung, wonach die Abgeltung ausser Betracht fällt, wenn die Freistellungsdauer das restliche Ferienguthaben sehr stark übersteigt. Massgebend ist das im Einzelfall gegebene Verhältnis der Freistellungsdauer zur Anzahl der restlichen Ferientage (Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 11 [S. 439] zu Art. 329c OR; BGE 128 III 283 E. 4cc).



3.3.3. Ausgesprochen wurde eine ordentliche Kündigung mit sofortiger Freistellung. Dem Kläger wurde am 20. Dezember 2006 (Kündigungsschreiben datiert vom 16.12.2006) auf den 31. Januar 2007 gekündigt. Die Beklagte anerkannte später, dass das Arbeitverhältnis (infolge Krankheit des Klägers während der Kündigungsfrist) bis zum 28. Februar 2007 dauerte. Unbestrittenermassen arbeitete der Kläger bis am 20. Dezember 2006. Unter Berücksichtigung der Feiertage ergibt dies 46 Freistellungstage. Während 20 Werktagen (ab dem 29.1.2007 bis 25.2.2007) war der Kläger krank. Damit verblieben ihm noch 26 Freistellungstage. Die Vorinstanz rechnete ihm davon acht Tage als Ferien an. Somit verblieben ihm noch 18 Tage Freistellung. Sein Ferienguthaben reduzierte sich infolge Anrechnung von acht Tagen auf elf Tage. Hinzu kommen die drei Ferientage, welche dem Kläger unbestrittenermassen geschenkt wurden. Bei diesem Verhältnis kann nicht von einem sehr starken Übersteigen der Freistellungsdauer gesprochen werden. Aus diesem Grunde dürfen dem Kläger nicht noch mehr Ferien als durch die Freistellungstage kompensiert angerechnet werden. Eine weitere Anrechnung würde auch das Recht des Klägers auf Stellensuche verletzen. Würden ihm nämlich, wie die Beklagte verlangt, sämtliche Ferientage ebenfalls noch als Ferien angerechnet, so blieben ihm noch vier Tage für die Stellensuche. Dies ist aber für eine normale Stellensuche infolge Kündigung durch den Arbeitgeber zu wenig. Denn die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle, das Erstellen des Bewerbungsdossiers, die Bewerbungsgespräche etc. sind grundsätzlich aufwendig (Alfred Blesi, a.a.O., S. 184) und brauchen normalerweise die Zeit der Kündigungsfrist (Streiff/von Kaenel, a.a.O., N 11 [S. 437] zu Art. 329c OR). Da die Beklagte nicht geltend macht, der Kläger habe schnell eine neue Arbeit gefunden, müssen ihm die 14 Ferientage mangels Bezugsmöglichkeiten ausbezahlt werden. Entgegen dem Einwand der Beklagten muss nicht der Kläger die Arbeitssuche nachweisen, sondern diese wird logischerweise bei einem stellenlosen Arbeitnehmer vermutet. Die Beklagte könnte allerdings nachweisen, dass der Kläger keine Arbeit gesucht, sondern Ferien genossen und damit diese in den Freistellungstagen kompensiert habe. Dazu reicht ihre blosse Frage, ob der Kläger nachweisen könne, dass er überhaupt Arbeit gesucht habe, aber nicht.



I. Kammer, 30. November 2007 (11 07 101)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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